Spiegel Im Februar Poem by Wolfgang Steinmann

Spiegel Im Februar

Der Morgen graut mit schwülem Regenduft
Auf dunst'gem Grund und Baum, mit fader Luft.
Ich stehe in dem fahlen Licht halb nackt -
Mein träges Hirn noch halb in Traum verloren -
Und trockne mir den Schaum vom Kinn. Ich stocke
Und starre, gebannt von diesem düst'ren, tiefen Aug',
Und diesem dünnen, unbewegten Mund.

Was da so stetig meinem Bilde wächst,
Dem ich in diesem Augenblicke ausgesetzt,
Will mir ganz sicher eine Lehre geben.
Im seh' im Spiegel meiner Seele, dass
Zum letzten Mal ich meine Jugend sah;
Denn wen das Christus Alter hat ereilt.
Der wird doch nimmer mehr geheilt.

Geschoren steh'n die Bäume vor dem Haus,
Um reiche Frucht zu tragen, diesen Graus
Ertragen sie als schnöde Wirklichkeit;
Wie sollte da das Fleisch nicht schaudern, das
Verstümmelt wird von Tag zu Tag? Ich falte
Das Tuch so lieb und sorgsam wie ich kann,
Nicht jung, nicht unersetzlich, doch ein Mann.

(nach Thomas Kinsella: Mirror in February)

This is a translation of the poem Mirror in February by Thomas Kinsella
Tuesday, February 2, 2016
Topic(s) of this poem: aging
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