DIE LANGEN NACHMITTAGE Poem by Adam Zagajewski

DIE LANGEN NACHMITTAGE

Das waren lange Nachmittage, an denen mich die Poesie verließ.
Der Fluß floß geduldig, schob träge Barken ins Meer.
Das waren lange Nachmittage, eine Elfenbeinküste.
In den Straßen lagen Schatten, die Schaufenster waren voll von stolzen
Mannequins,
die mir angriffslustig, dreist in die Augen blickten.

Aus den Lyzeen kamen die Professoren und hatten leere Gesichter,
als hätte Homer sie besiegt, gedemütigt, umgebracht.
Die Abendzeitungen brachten beunruhigende Nachrichten,
doch es veränderte sich nichts, niemand beschleunigte den Schritt.
In den Fenstern gab's niemanden, es gab nicht dich,
sogar die Nonnen schienen sich des Lebens zu schämen.

Das waren lange Nachmittage, wenn die Poesie verschwand
und ich allein blieb mit dem undurchsichtigen Moloch der Stadt
wie ein armer Reisender, der vor der Gare du Nord steht,
den schweren, mit einer Schnur umbundenen Koffer in der Hand,
auf den schwarzer Regen fällt, schwarzer Septemberregen.

O, sage, wie heilt man sich von der Ironie, vom Blick,
der sieht, aber nicht durchdringt; sage, wie heilt man sich
vom Schweigen.

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