Wiegenlied Poem by Wolfgang Steinmann

Wiegenlied

In einer Hinsicht ist meine Mutter Expertin:
sie kann Menschen, die sie liebt, in eine andere Welt senden.
Die Kleinen, die Babies - sie wiegt sie
mit leisem Summen und Singen ein. Ich weiss nicht,
was sie für meinen Vater tat;
was es auch war, ich weiss, es war das Rechte zu tun.

Es macht wirklich keinen Unterschied, ob man jemanden
in den Schlaf oder den Tod geleitet. Wiegenlieder - sie alle fordern
dich auf Sei ruhig! Schlaf ein! Und so sind sie
ein schlagendes Mutterherz.
Die am Leben finden Ruhe; nur die, die im
Sterben liegen, können nicht folgen.

Sterbende sind wie Kreise, wie Gyroskope -
sie drehen sich so schnell, dass sie still zu stehen scheinen.
Und dann fliegen sie auseinander: in den Armen meiner Mutter
war meine Schwester eine Wolke von Atomen und Partikeln - darin lag
der Unterschied. Ein Kind, das schläft, ist noch eins.

Meine Mutter ist dem Tod begegnet - sie predigt nicht über die Unversehrlichkeit der Seele.
Sie hat ein Kind, einen alten Mann in ihren Armen gehalten, während das Dunkel um sie herum
sozusagen fest wurde und sich schliesslich in Erde verwandelte.

Die Seele ist wie alle Materie:
warum sollte sie übrig bleiben, in dieser Welt verharren,
da sie frei sein könnte?

This is a translation of the poem Lullaby by Louise Gluck
Sunday, November 27, 2016
Topic(s) of this poem: death,dying,immortality,soul
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