Wäre Ich... Poem by Wolfgang Steinmann

Wäre Ich...

Ich weiss sehr wohl, was ich wollt’ sein,
Müsst’ ich nicht stets ich selber sein!
Ich wäre dann ’ne Eule,
’ne federweiche Eule,
’ne schu-hu, gelb-äugige Eule
Und schliefe im tiefen Walde ein.
Zum Essen flög’ ich zur Mäusestadt
Und frässe mich dort an Mäusen satt –
Das tät’ ich wär’ ich ’ne Eule
Und müsste nicht immer ich selber sein!

Ich weiss sehr wohl, was ich gerne tät’
Müsst’ ich nicht folgen früh und spät!
Ich wäre dann gerne ein bunter Specht,
Ein ratterneder, flatternder Specht
Hoch oben im höchsten Baume.
Ich nähme nie ein Buch zur Hand
Und zöge über Meer und Land.
Ich flucht’ wie ein wilder Korsar –
Könnt’ ich tun was ich will von früh bis spät,
Und müsste nicht immer ich selber sein!

Sonst wär’ ich gern ein Reh,
Eine springendes, braunes Reh
Unter vielen Rehen ein Reh;
Ich zög’ übers Grass wie die Wolken geh’n,
Ein fliehendes, ziehendes Reh,
Und niemand mehr würde mich seh’n.

Vielleicht wär’ ich ein Puma,
Ein schleichender schwarzer Puma,
Ein lauernder, kauernder Puma,
So wild wie der wildeste Wind!
Und ich ging’ auf die Pirsch, wo das Rehlein liegt,
Wo morgens der Nebel zieht.
Und
Glaube
Mir:
Kein Reh mir jemals entflieht.

Doch wär’ ich ein Jäger,
Ein wilder Jäger –
Ich wäre so gerne ein Jäger –
Ich macht’ mir ’nen Bogen aus Ebenholz,
Vom Baum, den Blitz gebrannt,
Und ich schliche mich dann an den Puma im Schlaf
Mit listigen, spitzigen Pfeilen,
Mit adler-schnellen Pfeilen,
Denn der Puma jagt Lamm, der Puma jagt Schaf,
Und nimmer mehr frässe er Rehe,
Träfe er mich, den Jäger!

(nach Mary Austin: Rathers)

This is a translation of the poem Rathers by Mary Austin
Sunday, November 22, 2015
Topic(s) of this poem: childhood ,dreams
COMMENTS OF THE POEM
READ THIS POEM IN OTHER LANGUAGES
Close
Error Success