Schmidt Poem by Herbert Nehrlich

Schmidt

Man geht, ich will es sagen, durch sein Leben so
als waere alles ziemlich programmiert.
Am Schalter ist man hoeflich aber doch recht froh
das man sich wegen Kleingeldduenkel nicht blamiert.
Man schafft und, wie die Schwaben sagen, Erich baut,
damit die hohe Kante keinem Staub erliegt,
aus der Exotik kommt ein Wesen, wird zur Braut
es ist die Zeit wo alles Jugendliche siegt.

Lang ist's vergangen und der Nebel in der Nacht
als dunkle Badehosen streben durch das Nass,
ist fast vergessen denn die Neue Welt die lacht
es gibt ihn gratis, diesen lang ersehnten Pass!

So wie die Wolken dort am neuen Firmament,
so fliegen wir in's ferne Land, wir muessen's doch,
denn wenn's im eignen Heim, in Thueringen schon brennt
so sind wir froh denn wir entfliehen einem Joch.
Es schmerzt erst spaeter wenn die Kirschenbaeume blueh'n,
es kommen Zweifel und man ist ja noch zu Haus'
denn nachts im Traum sind alle Taeler wieder gruen
am naechsten Tag kommt eine Karte dann von Klaus.

Sie haben's mit erlebt, der Lehrer schrieb hinein,
in's grosse Klassenbuch, es ging dabei um mich.
Der Schueler Nehrlich ging, und nicht einmal allein
so einfach weg und liess uns allesamt im Stich.
Nun weiss ein jeder dass die Schulen hier und da
zuviel verlangen, denn man hat wohl kaum noch Zeit,
so zwischen Goethe und dem schraegen Fallada
das Abitur, und noch im Westen, bist gescheit?

Was hat die Mutter (ich bin traurig) doch gesagt,
Du hast ein Loch im Herzen, schon seit der Geburt
ich war zu feige, habe Mutter nie gefragt
und unser Vater sagte immer, Kinder spurt!
Es trieb mich fort wie eine Blase auf dem Fluss,
immer gen Westen, denn die Freiheit steht parat,
fuer meine Schoenheit gab es keinen kleinen Kuss
wir wuerden schreiben, jeden Tag, ja, in der Tat.

Ich ging zu Bett des einen Tages, es war Mai,
und es gab vieles fuer die Traeume, Material,
als ich erwachte war's November, und es sei
dass die Goetter bald entscheiden in der Wahl.
Solch grauen Haare, und die Falten im Gesicht
doch gab es nie ein boeses Wort, er war wie ich,
und was mir fehlte war die Jugend, sie war nicht
im deutschen Handel, und es gab mir einen Stich.

Hier war die Stadt wo ich mein Leben einst begann
ich kannte alles, jeden Winkel und den Berg,
ich kam zurueck mit Lederjacke und als Mann
und fuehlte mich ganz innen drin als kleiner Zwerg.
Hier war mein Bruder, ohne Gnade aus der Zeit,
als Konkurrenz und rohe Kraft das Schicksal trieb,
und bei zwei Flaschen gab es lauter Heiterkeit,
Burgunderflecken auf der Karte die ich schrieb.

Es war mein Heim, das Haus am Hang, auf Wiederseh'n,
ein schoenes Zimmer unten wartete auf mich,
denn wenn zwei Brueder sich nach Jahren so versteh'n
dann frag' ich wann und wo der alte Wahn entwich.
Und damit meine ich dass man zur Jugendzeit
naiv als Krieger die Courage im Herzen trug,
doch ist Vergesslichkeit uns immer im Geleit
wir leerten oefter frueh am Morgen einen Krug.

Er fehlte mir, der Bund gedacht fuer's Leben,
ein Zaun aus Rache und Unmenschlichkeit bestand,
man konnte traeumen und Geluebde an sie geben
ich war schon gluecklich denn es war mein Vaterland.
Wir hatten vieles das man allzuschnell vergaesse
und es gab Zeit denn diese Welt war unser Schatz,
wir grillten Schnitzel und so manche dummen Spaesse
doch er blieb haengen, dieser eine, kurze Satz:

Du darfst mir trauen, lieber Bruder, auch fuer alles,
ich helfe gern denn in der Zeit als es nicht ging,
war ich doch immer in dem Falle eines Falles
so gern bereit fuer Dich, Du hast des Vater's Ring.

Ich bin naiv, mein Freund, da kann man nichts zu sagen,
die Zeit war schoen und alles floss wie man so sagt.
Und ohne Zoegern war ich fit ihn selbst zu tragen
es ist der Zweifel der erst viel viel spaeter fragt.

Dann kam die Bombe, und sie war zwei Nummern gross,
er liess sie fallen denn die Hand war ohne Kraft,
sie traf das Ziel und zog des Teufel's grosse Los,
und saugte Fleisch und liess zurueck nur roten Saft.
Er war naiv, wie ich schon sagte, und er ist
ein leichtes Opfer wie ein Hase auf der Flur,
doch war er wach als dieser Gockel auf dem Mist
als dieser kraehte, nicht allegro doch in moll.

Es war das Ende, so die Foerster und die Mannen,
was war zu retten und wer wuerde denn da steh'n?
Man nahm Dukaten und begab sich schnell vondannen
in's Land der Diebe die die Menschheit gar versteh'n.
Dann kam der Schoeffe, er war nicht der Menschen Wahl,
er sass in schwarz und war geduldig, das war klar,
und in der Tat, es gab da Menschen in dem Saal
die dachten, waeren wir doch in uns'rer schoenen Bar.

Da sass er nun, der Richter namens Schmidt,
zwei kluge Augen und ein Laecheln um den Mund,
er weiss wie mancher seines Lebens nur noch litt
es war der Naechste, und er wurde nie gesund.
Man sah nur Traenen doch der Richter wusste mehr,
er war der Mann der seine Zeit nicht nur genass,
er war ein Schoeffe der nicht so von ungefaehr
doch von der Wahrheit in der Welt, nach seinem Mass
sich nicht beirren liess, er kannte jeden Steg
es gibt Gerechtigkeit und immer ist sie wahr,
und wenn er stolpert ueber Steine auf dem Weg
so ist die Muenze der Justitia immer bar.

Nichts is so wichtig und so heilig wie die Tat,
die nur aus Wahrheit und aus Ehrlichkeit entspringt
und brauchst Du Menschlichkeit und ehrenwerten Rat
dann warte niemals bis die Nachtigall schoen singt.
Du brauchst den Menschen dem die Wahrheit alles ist.
Er traegt oft schwarz und hat ein Laecheln um den Mund,
Und wenn Du selbst ein solcher Rennsteigwand'rer bist
dann ist die Welt (wenigstens kurzfristig) gesund.

Das Recht, es lebt und strebt wo Menschen sind,
Justitia, in der rechten Hand ein Schwert,
die Linke haelt die Waage in den leisen Wind
sie soll bestimmen, ein fuer allemal den Wert.

Justitia traegt, im Stolz der nackten Brust,
des Blinden Augenschmuck aus Seide schoen gestickt,
es ist nicht Duenkel und es treibt sie keine Lust
sie sucht nur Wahrheit, die sie immerdar erblickt.

Was soll das Weib, so fragst Du, hier in Maennersachen,
wie kann Gerechtigkeit hier leichten Einzug tun
es muss der Geist des Wahren, Edlen erst erwachen
da fehlen Weiber wie beim Mardi Gras das Huhn!

Es stehen zwei, hier im Gericht, und sie erbitten
das man empfehle was das eigne Herz begehrt,
wo man mit Lippen preist Gepflogenheit und Sitten
da herrscht die Taeuschung und die Luege unversehrt.

So sitzen wir, wie Koenig Arthur, in der Runde,
und debattieren Menschenrechte, den Begriff,
es fliessen Worte, ohne Klang aus aller Munde
es mutet an als waer's ein herrenloses Schiff.

Was ist sie denn, die Frau Justitia, und was kann
ein von der Menschheit approbiertes Synonym,
das weder wie noch wo noch weder lesen kann
ist sie ein Ebenbild, der Menschheit Ungetuem?

Sie trinken Wein, die Advokaten, stets aus Kruegen,
doch reden alle dann nur Wasser, in der Tat,
und man eroertert wie man macht aus dreisten Luegen
Potomkin's Zauber fuer die Macht vom Vater Staat.

Ach sag mir, Freund, sind alle Schoeffen hier befangen,
gilt nicht die Wahrheit ueber alles in der Welt?
Ich war dabei als wir im Chor die Lieder sangen
schon in der Schule, an der See, im grossen Zelt.

Lass ihn, den Pfarrer, denn wir hoerten dass der Staat
auf alles Redliche wohlwollend, doch mit List
und sich besinnend auf das Recht und guten Rat
doch die Gerechtigkeit als Hauptgesetz vergisst.

Sowie Systeme ihre Mannen unterkriegen
durch falsche Floskeln die dem Buerger eingefloesst,
so kann ein Mensch, der ehrlich denkt auch ehrlich wiegen
bis er das Boese und Gemeine dann entbloesst.

So will ich schliessen doch es sei nochmal verkuendet,
dass unser Schmidtchen (dieser Name sei ihm lieb) ,
in Tat und Wort ein rechtes Unrecht hat begruendet,
er warf die Worte und die Gesten in ein Sieb,

und stand am Ende als Sortierer vor dem Trog,
des Blinden Augenschmuck, mit Waage in der Hand,
er wusste wer von den Parteien wirklich log
und sah das Abbild des Gesindels an der Wand.

Wir sehen ihn, das soll er wissen, als den Mann
dem Recht und Pflicht sind eins, als oberstes Gebot,
der immer tut was er als Richter tuen kann,
denn ohne Recht ist die Justitia wirklich tot.

COMMENTS OF THE POEM
Ted Sheridan 16 May 2008

'Nothing is so important and so sacred as the fact, '

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