Schönheit Des Todes Xiv Poem by Wolfgang Steinmann

Schönheit Des Todes Xiv

1. Teil - Einladung

Lasset mich ruh'n, denn meine Seele ist trunken mit Liebe und
Lasset mich ruh'n, denn mein Sehnen hat die Fülle der Tage und Nächte gesehn;
Zündet die Kerzen, lasst Weihrauch meine Bettstatt umwallen,
Streuet Jasmin und Blütenblätter von Rosen auf meinen Leib;
Salbt mir das Haar und die Füsse mit heiligem Öl und
Lest was die Finger des Todes mir auf die Stirne geschrieben.

Lasset mich ruh'n in den Armen des Schlummers, denn meine Augen sind müde;
Lasset die silbernen Saiten der Leier erzittern mein Sehnen zu sänft'gen;
Webt mit der Harfe und Leier ein Tuch für mein frierendes Herz.

Singet von Gestern, da mir im Auge den hoffenden Morgen ihr seht,
Denn sein Zauber bereitet dem Herzen ein Bette, das so weich.

Trocknet die Tränen, ihr Freunde, und hebt euer Haupt, wie die Blumen
Die Knospen aufheben, den Morgen zu grüssen.
Sehet, die Braut des Todes steht wie ein Lichtstrahl
An meinem Bett, mir die Ewigkeit deutend;
Haltet den Atem und lauschet mit mir dem lockenden Schlag
Ihrer weissen Flügel.

Nahet euch, Abschied zu nehmen; küsst meine Lider mit lächelnder Lippe.
Lasset die Kinder mit rosigen Fingern meine Hände umfassen;
Lasset die Zeit mir die segnenden-sehnigne Hände legen aufs Haupt;
Lasset die Jungfraun sich nahen, den Schatten Gottes in meinen Augen zu sehen,
In meinem Atem zu hören den Hall seines Willens.

2. Teil - Erhöhung

Über die Kuppen der Berge bin ich hinaus und kreise
Im Himmel unendlicher völliger Freiheit.
Weit bin ich nun von meinen Gefährten, die Berge
Sind meinen Augen verborgen von Wolken.
Gefüllt sind die Täler mit dem Schweigen des Meeres,
Das Tuch des Vergessens umhüllt die Häuser und Strassen.
Verhängt sind die Ebnen und Felder mit weissem Gewebe,
Das scheinet wie Wolken im Lenz, wie Kerzenlicht gelb,
Und so rot wie der Abend.

Die Lieder der Wellen und die Chöre der Ströme
Verklingen, die Stimmen der Massen verschwimmen
In Schweigen; nichts hör' ich mehr als die Klänge
Der Sphären, im Einklang mit Allem, was das Sehnen
Gewünscht. Mein Kleid ist von strahlendem Weiss;
Mir mangelt nichts; Friede ist mein.

3. Teil - Sterbliche Hülle

Nehmet mir ab dies Gewebe von Weiss und gebt mir
Jasmin und die Blätter von Lilien zum Kleid;
Hebet den Leib aus dem elfenbeinernen Sarg und lasset
Ihn ruh'n auf Kissen von orangenen Blüten.
Beklaget mich nicht, doch singet von Jugend und Freude;
Der Tränen enthaltet euch, singet von Ernte und Reben;
Seufzt nicht und greint nicht, und auf meine Stirn
Zeichnet die Male von Liebe und Lust.
Störet nicht Ruhe mit Messen und Chören,
Doch singet gemeinsam mit mir das Lied vom ewgen Leben;
Schwarz sei sie nicht, die Farbe der Trauer,
Bunt euer Kleid, denn ihr jubelt mit mir;
Redet von mir nicht mit Schmerzen im Herzen, und schliesset
Die Augen: dann seht ihr mich bei euch auf ewig.

Bettet mich weich auf ein Lager von Blättern,
Traget mich dann auf den Schultern der Freundschaft
Hinaus in den ruhigen Wald, ein stilles Geleite.
Der Friedhof ist voll; ich fände kaum Ruhe,
Die Schädel und Beine dort klappern so sehr;
So bringt mich zum Wald von Zypressen und gebt mir
Ein Grab mit Veilchen und Mohn ohne Schatten.
Lasset mein Grab so tief sein, dass meine Knochen
Niemals rollen ins Tal mit der Flut.
Lasst mein Gnade so gross sein, dass Schatten
Im Zwielicht gute Gesellschaft mir sind.

Kein Gewand will ich tragen, wenn zur Mutter
Erde ich kehre zurück; lasst mich ruh'n ihr am Busen.
Staub lasst mich decken und mischt jede Krume
Mit Samen von Lilie und Myrrh und Jasmin; und wenn sie
Über mir sprossen, so bin ich die Speise;
Mein Herz blühet auf als ein Duft dieser Welt;
Meines Friedens Geheimnis der Sonne zu deuten;
Mit den Lüften zu schweben, dem Wand'rer zum Trost.

Lasset mich ruh'n, meine Freunde - gehet auf Sohlen von Samt,
So wie das Schweigen wandert im einsamen Tal;
Überlasset mich Gott, und zerstreut euch im Winde,
Mählich wie Apfelblüten zittern im Lenz.
Kehret zurück zu dem Glück eurer Hütten, und findet,
Dass der Tod euch nichts stiehlt, nicht euch selbst und nicht mich.
Gehet, lasst Raum, denn was ihr hier seht ist weit mehr
Als die Erde uns lehrt. Lasst mich zurück.

This is a translation of the poem The Beauty Of Death Xiv by Kahlil Gibran
Monday, July 25, 2016
Topic(s) of this poem: death,redemption
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