Der Hafen Poem by Wolfgang Steinmann

Der Hafen

Diesen Hafen haben Geschick und Gewalt gebaut.
Man nannte ihn Kingston und später Dun Laoghaire.
Mit seinen Dämmen hält er das Meer zurück,
nur fünf Meilen vor meinem Haus.

Gott steh uns bei, sagen die Nationengründer.
Gott sei uns gnädig, sagen die Hafenbaumeister.
Sie kamen und schnitten ein Stück aus der See,
und warfen Steine ins Meer, ihr Werk zu umgürten.

Hier promenierten Offiziere mit ihren Frauen
und sahen mit eigenen Augen
unerreichbare Horizonte und gehorsame Himmel,
die neun Zehntel der Gessetze erlaubten.

Fregatten mit hundert Kanonen, die ausserhalb
der Hoheitsgebiete segelten, konnten hier einlaufen
und ruhen und mit den Gezeiten des Reiches,
mit seinem Hochmut schwimmen, und mit der Irischen See

steigen und steigen, ein Jahrhundert von Stürmen
und Kormoranen und Monden, die ganze Küste entlang,
während der Ozean das Reich übersah und die Kreuzer
langsam in Seetang und kaltem Salz verrosteten.

Stadt der Schatten, der mählichen
Kapitulation; dies ist der letzte Eroberer,
dem du dich ergibst: mit Wasser geschrieben
und bezeugt von Granit, von Bronze und hässlichem Stahl.

Und von mir. Ich bin dein Bürger: aus deinen
Fiktionen geformt, deinen Kompromissen, ich bin
ein Teil deiner Geschichte mit ihrem Ende.
Und stehe bereit, deine Widersprüche festzuhalten.

(nach Eavan Boland: The Harbour)

This is a translation of the poem The Harbour by Eavan Boland
Sunday, June 12, 2016
Topic(s) of this poem: home,ireland
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